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Online-Training? Muss weiter Training!

verfasst am 23.11.2020 von Svenja Rainer

Auf der News-Seite der SKIAF ist es seit Anfang des Jahres sehr ruhig geworden. Die Welt hat sich für alle verändert und die normalerweise stattfindenden SKIAF-Events, wie Verbandstrainings, Lehrgänge, Turniere und Feiern, mussten abgesagt werden. Daher war auch wenig zu berichten und man könnte meinen, der Mut hat uns verlassen. Es ist aber auch in der Karatewelt keineswegs ruhig geblieben, es war und ist nur alles „anders“. Es folgt ein kurzer Rückblick, ein Übergang der Problemaufstellung und die Lösungswege, die man fand.

Die letzten Verbandsveranstaltungen haben im März mit dem (geplant) zweiwöchigen Besuch von Fumitoshi Kanazawa sensei in Österreich stattgefunden. Wir durften in der Vergangenheit schon viele Trainingseinheiten bei Kanazawa sensei in Österreich miterleben und auch diesen März konnte er uns bei seinen Abendtrainings erneut begeistern, indem er aus den einfachsten Techniken Kombinationen zusammenstellte, die sehr anspruchsvoll waren und wir in der Form noch nie gesehen hatten. Kein Training gleicht dem anderen. Bei regelmäßigem Besuch seiner Trainings lässt sich mittlerweile feststellen, dass Kanazawa sensei von Jahr zu Jahr bei seinen Besuchen in Österreich andere Schwerpunkte setzt und man spürt, dass er versucht, uns immer weiter zu bringen.

Im Zuge dessen durften wir noch einen Bundeslehrgang am Wochenende mit Nagai shihan und Fumitoshi Kanazawa sensei erleben, bei welchem vor allem das Zitat von Nagai shihan hängen blieb: “Ein Zuki (Fauststoß) mit halb offenen Fäusten ist wie ein Speer ohne Spitze”.

Nach dem Wochenende sollten eigentlich die Abendtrainings mit Kanazawa sensei fortgesetzt und mit einem Lehrgang am Samstag sowie einem Dan-Training am Sonntag abgeschlossen werden. Sein Besuch musste aber aufgrund der sich verschärfenden Lage leider vorzeitig abgebrochen und die letzten Trainings abgesagt werden. Wilfried Pollheimer, der Leiter des Dojo Bushido Henndorf, wo der letzte Lehrgang hätte stattfinden sollen, berichtete: „Als Dojo-Leiter finde ich es natürlich schade, dass wir zu dem Entschluss gekommen sind, den Lehrgang komplett abzusagen, aber persönlich stehe ich zu 100% hinter dieser Entscheidung”. Aber die Gesundheit steht immer an erster Stelle und wir konnten alle aufatmen, als Fumitoshi Kanazawa sensei, gut zu Hause angekommen, schrieb: “Oss Willi. I arrived safely in Japan. Thank you very much in Austria. Thanks for the fun memories. OSS!! Fumitoshi Kanazawa”.

Anschließend begann die schwere Phase für uns alle, im beruflichen, privaten und dem Karatedo-Bereich. In vielen Fällen hieß die Devise “abwarten, das wird schon vorbei gehen”. Es zeigte sich, wo Loyalität und wo Wille herrscht.

Von einigen Vereinen wurde – abhängig von den (regionalen) Bestimmungen – ab März Outdoor trainiert oder per Video-Konferenzen von zu Hause ein Online-Training gestaltet.

Doch wie sollte man im Verband weitermachen? Unsere Veranstaltungen sind zu gut besucht, als dass man die gesundheitlichen Risiken eingehen könnte… Viele Gespräche in den diversen Gremien des Verbandes fanden statt, und oft hieß es abwarten, was die Situation uns bringt. Die Veranstaltungen mussten weiter abgesagt werden.

Genau in solchen Phasen zeigt sich, wie wichtig ein viertes Bein an einem Stuhl ist. Was ein Stuhl mit Karatedo zu tun hat?

Für diejenigen, die beim ersten, von der SKIAF veranstalteten Online-Training mit Koga shihan nicht dabei sein konnten: Zwischen den schweißtreibenden Übungen, die der schweizer Bundestrainer mit uns trainierte, wurde das Training um Theorieelemente ergänzt. So auch den Vergleich von Karatedo mit einem Stuhl. Das erste Bild – ein dreibeiniger Stuhl – war das klassische traditionelle Karatedo mit seinen drei Säulen Kihon (Grundschule), Kata (Form) und Kumite (Partnerübung). Ein dreibeiniger Stuhl steht, ist aber nicht so stabil wie ein vierbeiniger. Das vierte Bein stellt den „Geist“ dar, ohne den Karatedo zwar steht, aber noch keine Stabilität hat. Das ist der Wille, immer weiter zu machen, immer seine ganze Kraft und seine gesamte Konzentration in jede Technik zu legen, sodass ein Fauststoß kein Fauststoß bleibt, sondern ein Angriff mit Speerspitze wird.

Auch auf Verbandsebene wurden mittlerweile zwei Online-Trainings mit japanischen Gasttrainern veranstaltet, wie eben erwähnt mit Koga shihan und vergangenes Wochenende auch mit Tanaka sensei aus dem Honbu Dojo in Japan. Eine Besonderheit des Online-Trainings mit Tanaka sensei war, dass er teilweise Kommandos auch auf deutsch gegeben hat. Dies unterstrich seinen Willen, besonders auf uns einzugehen. Außerdem hat die Online-Durchführung des Trainings die Möglichkeit geboten, die jungen Co-Trainer Hiyori Kanazawa und Paul Huglo aus dem Honbu Dojo (wieder) zu sehen, die von Tanaka sensei zum Vorzeigen geholt wurden.

Abgesehen von diesen Highlights mit Gasttrainern veranstalten einige Vereine wöchentliche Online-Trainings, bei welchen nun auch vereinsübergreifend trainiert werden kann. Eine nie dagewesene Möglichkeit. So kann der österreichische Verbands-Geist – wenn auch auf ungewohnte Weise – überbrückend wirksam werden und wir starten gemeinsam und gekräftigt in die Zukunft.

Hoffentlich können bald wieder Verbandsveranstaltungen – wie auch immer – stattfinden. Bis dahin bleiben wir stark, trainieren weiter und können uns auf die Stabilität des Karatedo verlassen. Im Sinne von Kawasoe sensei können wir immer, auch unter diesen erschwerten Bedingungen, mit dem allseits bekannten Motto “muss weiter Training” weiter machen.

In diesem Sinne, bleibt gesund und stark.

OSS